Viele Leute denken, dass KünstlerInnen einfach ein Blatt Papier mit ihrem Farbset nehmen und bumm, sie haben ein Meisterwerk angefertigt. Das kann stimmen, wenn man sich das Ende des kreativen Prozesses ansieht. Aber entgegen der weit verbreiteten Ansicht ist es das Skizzieren, das die meiste Zeit in Anspruch nimmt.
Der wichtigste Teil des Designprozesses ist eindeutig das Skizzieren. Das Skizzieren spielt nicht nur eine Rolle bei der Entfaltung kreativer Ideen, sondern hilft auch bei der Bewältigung technischer und anderer Herausforderungen. Dem Skizzieren geht eine gründliche Recherche und Vorbereitung voraus.
In diesem Blogbeitrag gehen wir auf die Bedeutung des Skizzierens in der Illustration ein. Im letzten Kapitel möchte ich dir außerdem zeigen, wie ich das Buchcover des Dschungelbuchs neu gestaltet habe.
Design-Grundlagen: die entscheidende Rolle der Recherche
Wenn mich jemand beauftragen würde, ein Bild von seinem Auto zu malen, wüsste ich wahrscheinlich nicht, wie ich ohne Übung vorgehen sollte. Zum einen liegt mir das Thema selbst nicht besonders am Herzen. Ich habe mein eigenes Auto bisher nur einmal von vorne gemalt. Außerdem habe ich sowieso keine Ahnung, wie ein Auto genau aussieht.
Wenn ich einen Auftrag wie diesen hätte, würde ich auf jeden Fall mit der Recherche beginnen. Ich würde mir Tausende von Fotos im Internet ansehen, zusätzlich zu denen, die mir die KundIn zur Verfügung gestellt hat. Dann würde ich einfach anfangen zu skizzieren, um eine klare Vorstellung davon zu bekommen, wie ein Auto aussieht.
An diesem kurzen Beispiel kannst du sehen, dass die Erstellung einer Illustration oder eines Kunstwerks nicht mit dem gewählten Medium beginnt, sondern mit der Planung und dem Skizzieren anhand den gesammelten Informationen. Skizzen helfen dem Künstler, Proportionen, Komposition und Farben zu planen. Dies bildet die Grundlage für die künstlerische Gestaltung.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass es vor dem Skizzieren einen Schritt Nummer Null gibt, nämlich das Recherchieren von Informationen und das Finden von Inspiration. Ich brauche Antworten auf die folgenden Fragen: Welche Farben werde ich verwenden? Wie soll das Auto von vorne gezeichnet werden? Wie groß ist der Abstand zwischen den beiden Frontscheinwerfern? Was soll im Hintergrund sein?
In der heutigen Welt kann uns das Internet natürlich bei der Beantwortung vieler dieser Fragen helfen. Auch das Durchsehen und Analysieren des Materials, das die KundIn der IllustratorIn zur Verfügung gestellt hat, ist Teil des Prozesses.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass ich während dieses Teils des Entwurfs nicht einmal einen Bleistift in der Hand gehalten habe.
Kreatives Denken mit Skizzen entwickeln: das Geheimnis meisterhafter Illustrationen
Das Skizzieren ist nicht nur aus technischer Sicht wichtig, sondern hilft auch beim kreativen Denken. Skizzen helfen beim Brainstorming von Ideen und geben dem Prozess Struktur. Sie dienen den KünstlerInnen als Leitfaden und helfen ihnen, das Konzept so kreativ und phantasievoll wie möglich zu entwickeln.
Die ersten Skizzen fertige ich immer in meinem Skizzenbuch mit einem einfachen HB-Bleistift an. Die Linien sind chaotisch, aber sie schaffen das Konzept und versuchen, das Wesentliche der Illustration zu erfassen. Diese ersten Versuche sind für die BetrachterInnen schwer zu interpretieren.
Normalerweise mache ich 10-15 Skizzen auf einmal, nicht nur eine einzige. Diese kleinen Bilder helfen dabei, die Komposition zu erstellen. Wo soll ich die Figuren platzieren? Was soll im Hintergrund sein? Wie soll das Format des Bildes sein? Soll ich auf der Grundlage der Dreieckskomposition entwerfen oder in eine andere Richtung gehen?
Am Anfang mag es schwierig sein, 10 Skizzen zu entwerfen, aber wenn man es oft macht, wird es leichter. Natürlich bringe ich sie nicht zu den KundInnen. Ich gebe mir Zeit zum Nachdenken und Analysieren.
Ich versuche, die Anzahl der Skizzen auf etwa 5-6 zu begrenzen. Hier arbeite ich sie etwas ausführlicher aus, damit die KundInnen sie verstehen können. Dies wird das erste Muster sein, das ich ihnen zeige.
Optimierung des Prozesses: Überwindung technischer Herausforderungen
Die Illustration kann technische Herausforderungen mit sich bringen, denen die IllustratorIn selten oder nie zuvor begegnet ist. Sobald man eine gründliche Skizze hat, kann man zu den Farben greifen.
Es lohnt sich immer, Farben auszuprobieren. Auf diese Weise kann man die Farbtöne finden, die man tatsächlich braucht. Das Mischen der Farben ist ein sehr wichtiger Schritt im Prozess.
Aber die Herausforderungen der Technik hören damit nicht auf. Es ist wichtig, das Medium, mit dem man arbeiten möchte, so gut zu kennen, dass die Illustration so wird, wie man sie haben wollte.
Wie bekomme ich diese Farben hin? Wie arbeite ich die Schatten aus? Lasse ich vorher etwas Platz dafür oder sollte ich versuchen, sie in mehreren Schichten aufzutragen? Male ich eine Basis auf das Papier oder lasse ich es leer und weiß?
Das Skizzieren mit dem gewählten Medium ermöglicht es der IllustratorIn, die technischen Aspekte der Ausführung vorauszusehen und im Voraus zu planen.
Genieße den Prozess: der kreative Selbstausdruck durch Skizzen
Das Skizzieren ist für viele KünstlerInnen nicht der beliebteste Teil. Am Anfang ging es mir genau so. Was ist daran gut? Ich kann kaum drei Ideen auf das Papier quetschen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich nicht sehe, was aus dieser winzigen und unordentlichen Bleistiftskizze entstehen wird.
Meiner Erfahrung nach kann man diese Angst nur durch Übung überwinden. Nach einer Weile kann das Brainstorming zum angenehmsten Teil werden. Ich frage mich, was dabei herauskommen wird? Was passiert, wenn ich diese Figur in den Vordergrund rücke? Was ist, wenn ich sie ganz entferne und mich für einen minimalistischen Stil entscheide?
Durch Übung erhält man den Kontext und den konzeptionellen Einblick in die Illustration. Anfangs fiel es mir schwer, nur mit wenigen Linien zu skizzieren, ich habe es immer überarbeitet. Aber jetzt, dank viel Übung, kenne ich mich und meinen Stil gut genug, um zu sehen, was aus einer unordentlichen Skizze herauskommt.
Im Nachhinein wird mir klar, dass das Skizzieren der unsicherste Teil des Designprozesses war, weil ich mir nicht die Zeit und die Geduld zum Üben gegeben habe. SängerInnen werden ja auch nicht so geboren, dass sie auf Anhieb die höchsten Töne singen können, oder?
Die Skizze erwacht zum Leben: Wie habe ich das Cover des Dschungelbuchs gestaltet?
Die Bedeutung von Recherchen und Skizzen ist ein nicht zu vernachlässigender Aspekt des Designprozesses. Skizzen sind Werkzeuge, die die richtige Grundlage für unsere Kreativität bilden und uns helfen, unsere Ideen mit der realen Welt in Einklang zu bringen. Natürlich geben sie uns auch Selbstvertrauen.
Es können auch Fragen über die Technik und das gewählte Medium auftauchen, die wir beantworten können müssen, bevor wir beginnen. Die Schaffung des fertigen Werks selbst macht nur etwa 30-40% des Prozesses aus. Das hängt natürlich stark von der Komplexität der Illustration ab, aber wenn bestimmte Punkte nicht von Anfang an feststehen, können sie den gesamten Prozess kompliziert und schmerzhaft machen.
Niemand stellt gerne mitten im Ausführungsprozess fest, dass er oder sie es vermasselt hat und noch einmal von vorne anfangen muss. Diese Art von Problemen kann mit einer guten Planung und mehreren Skizzen gelöst werden.
Für das Dschungelbuch habe ich die folgenden Skizzen ausgewählt und sie digital weitergearbeitet. Hier ist es sichtbar, wie sehr ich das Design im Laufe der Zeit verbessert habe. Zum Beispiel habe ich die Hintergrundfarbe komplett verändert.
Und das ist die endgültige Illustration:
Du kannst den Prozess von Anfang bis Ende in meinem nächsten Blogbeitrag zu diesem Thema verfolgen. Klicke hier, um zu lesen, wie das Buchcover von dem Dschungelbuch entstanden ist!
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